Chronik

Aus der Geschichte des Theatervereins „Einigkeit 1882„ Siersdorf

Eine Zusammenfassung bis zum 125jährigen Jubiläum 2007

Der Theaterverein wurde im Jahre 1882 in der Gaststätte Peter Josef Braun in der Bettendorfer Straße, später Fuchs, dann Matern, gegründet. Man gab dem Verein den Namen „Einigkeit“.

Die Gründer waren: Reiner Knipprath, Mathias Thelen, Arnold Ritterbeck, Jakob von der Hagen, Matthias Ritterbeck, Josef Weidenhaupt.

In den ersten Jahren nach der Vereinsgründung fanden Theateraufführungen in dem über der Gaststätte Braun liegenden kleinen Saal statt. Zwei bis drei Spiele führte der Theaterverein jährlich auf und erfreute damit die Bürger, die dicht gedrängt dort saßen, wenn der Vorhang „hochgezogen“ wurde. Wer auch nur etwas später kam, der konnte gewiss sein, dass es keinen Platz mehr fand, nicht einmal einen Stehplatz. Als Eintrittsgeld musste man  50 Pfennig entrichten.

Was wurde aufgeführt?

Es waren zumeist Spiele religiösen oder bäuerlichen Inhalts. Einige Titel: Das Vater unser, Der Turmgeist von Grauenburg , Der ist meiner nicht wert , Genoveva und Die Räuber vom Niederrhein. Im Jahre 1900 hatte der Verein schon 47 Aktive, 7 Ehrenmitglieder, wie ein noch vorhandenes Vereinsbuch ausweist. Dort steht auch geschrieben:

Protokoll vom 5. August 1900 : „Sodann wurde die Versammlung kurz geschlossen und es ging an des Gerstensaftes Zauberkraft.“ Nach dem Vereinsbeschluß vom 2. September 1900 heißt es weiter: „Es darf sich kein Mitglied ohne weiteres von einer Versammlung entfernen, bis der Herr Präsident sagt: Wir wollen die Versammlung schließen und ein Vaterunser für die verstorbenen Mitglieder beten.“

Erwähnenswert ist ebenso, dass der Theaterverein bei der Fronleichnamsprozession die Träger des Baldachins sowie noch je einen Träger für zwei zu tragende Kerzen und eine Kirchenfahne stellte. Proben, Aufführungen und Versammlungen wechselten Jahr für Jahr miteinander ab. Auch Theaterwettstreite bei den nun immer zahlreicher werdenden auswärtigen Theatervereinen wurden besucht. Man ging zu Theaterwettstreiten in Baesweiler, Bardenberg, Beggendorf, Ederen, Euchen, Hoengen, Koslar, Langweiler, Laurenzberg, Loverich, Lohn, Noppenberg, Oidtweiler, Setterich, Schaufenberg, Schleiden und Warden. Wettstreite hielt der Verein auch im Siersdorf ab, wozu die auswärtigen Vereine geladen wurden.

Das brachte eine Menge Arbeit mit sich, für die man sich aus den Einnahmen manches Mal eine kleine Entschädigung in Form von Bier zugute kommen ließ. Bezeichnend dafür ist eine herausgegriffene Eintragung aus dem alten Protokollbuch, die hier wiedergegeben sei: „Dann wurde der Preis von Stetternich verlost. Währenddessen wurde immer in gemütlichem, durch Deklamationen und Liedern erheiterten Sinne getrunken, bis die Fässer leer waren. Alsdann schloss der Herr Präsident die Versammlung.“

Wenn der Vereinswirt den Mitgliedern für die nächste Sitzung ein Fässchen Bier versprach, was gar nicht so selten vorkam, so wurde dies fein säuberlich ins Protokoll aufgenommen, auf dass es gar nicht in Vergessenheit geriet. Oft wurde auf einer Versammlung auch der Beschluss zu einem „Biertrinken“ gefasst, welches dann sonntags nachmittags um fünf Uhr seinen Anfang nahm. Wie aus dem erhaltenen Vereinsbuch zu lesen ist, wurde im Jahre 1900 eine Vereinsfahne angeschafft und eingeweiht. Bei diesem Fest standen 2 Zelte auf einer Wiese an der Mühlenstraße; ein Zelt für das Theaterspiel, ein Zelt „zum fröhlichen Tanze.“ Allein an Eintrittsgelder kamen 348 Goldmark zusammen. Der Schankwirt der Zelte musste dem Verein nochmals 290 Goldmark zahlen. Am 2. März 1913 wurde das Vereinslokal zur Gaststätte Franz Thoma, heute Annelie Thoma, verlegt und im dem dortigen neuen größeren Saal Theater gespielt.

Während des 1. Weltkrieges erlosch jede Vereinstätigkeit. Die Kassengelder wurden für Geschenkpäckchen an die eingezogenen Mitglieder vollständig ausgegeben. Im Jahre 1919 begann man von neuem. Aus einer Versammlungsniederschrift vom 6. April 1919 entnehmen wir folgende Notiz: „Dann wurde einstimmig beschlossen, ein Hauptstück, zwei Luststücke und einen Einakter in Angriff zu nehmen und die Rollen an die Mitglieder zu verteilen. Der Einakter soll eventuell als Wettstreitschlager in Frage kommen.“

Es ging in der gewohnten Art weiter. Auch hier einige Titel von Theaterstücken :Der Dornenkranz einer Mutter , Allerseelennacht , Steine am Lebensweg , Der Strom, Der Erbförster, Schuldig.

1932 feierte der Verein das Jubiläum seines 50jährigen Bestehens mit einem Festzug, theaterspielen auf der Wiese hinter dem Saal Thoma und einem großen Festball. Ein besonderes Ereignis.

Bei einem Wettstreit in Düren gewann der Verein mit dem Luststück Einer muß heiraten den Ehrenpreis, den 1. Herrenpreis, den 1. Damenpreis und den Regiepreis. Gespielt wurde das Luststück von Jakob Jordans, Franz Jordans, Helene Jordans und Christel Eichler. An diesem Wettstreit nahmen insgesamt 21 Vereine teil. Bei diesen Erfolgen war es nicht verwunderlich, dass der Verein bei seinen zahlreichen Aufführungen in Siersdorf regen Zuspruch hatte.

1936 erwarb der Verein seine 2. Vereinsfahne, da die erste unansehnlich geworden war. Auf einer Seite der neuen Fahne waren als Symbol der Einigkeit zwei verschlungene Hände vor der aufgehenden Sonne und auf der anderen der Kopf Friedrich Schillers abgebildet. Der 2. Weltkrieg unterbrach das Vereinsleben wiederum. Nach Kriegsende war von den Kulissen, Textbüchern, Fahnen und sonstigem Inventar nichts mehr erhalten. Kein Saal für Aufführungen war mehr vorhanden. Unter persönlichen materiellen Opfern der Mitglieder wurden die ersten Voraussetzungen zum Theaterspiel wieder geschaffen. Es wurde in Baesweiler gespielt, wo noch Säle erhalten waren. Gerade nach diesem Krieg brauchten und suchten die Menschen Unterhaltung und so wanderten viele Siersdorfer ihrem Verein nach, wenn im benachbarten Ort eine Aufführung des Siersdorfer Theatervereins stattfand.

Während der Vorweihnachtszeit 1954 wurde das erste Märchen Der Bärenhäuter einstudiert. Neuland! Es sollte Tradition werden. In jedem Jahr folgte ein Märchenspiel.

Am sehr heißen Sonntag des Johannes-Kirmes 1957 feierte der Verein sein 75jähriges Bestehen. Beim großen historischen Festzug unter Mitwirkung befreundeter Vereine zogen Herolde, Landsknechte, Ritter zu Pferde, Burgfräulein, Burgherren und viele Gruppen aus bekannten Theaterszenen auf. Ein Festabend mit Jubilarehrung, Theaterspiel, Tanz und Vorstellung der 3. Vereinsfahne gaben dem Fest einen würdigen Verlauf.

Aber zurück zu der neu geborenen Tradition der Märchenspiele, die bis heute noch andauert. Mehrere Märchen wurden auch in Aldenhoven und Setterich aufgeführt. Ein Kinderballett, gegründet 1962, verhalf den Aufführungen bis zu ihrer Auflösung im Jahre 1971 zu noch mehr Anziehungskraft. Gespielt wurde auf der riesigen Bühne des Kasinosaals. Die Größe und die Ausstattung ließen nun keine Wünsche mehr offen. Ob es Lichteffekte, Nebelschwaden oder einfach die wunderbar gemalten Kulissen hatten es den Besuchern angetan. Denn nicht nur die Kinder kamen zu den Aufführungen, sondern auch viele Erwachsene konnten als Zuschauer begrüßt werden. Es war in diesen Jahren Tradition, dass die Siersdorfer Schule geschlossen zu den Aufführungen kam, das gilt auch für den Kindergarten. Andere Schulen, Kindergärten und auswärtige Vereine schlossen sich dem großen Besucherstrom an. Selbst in der Zeit der Energiekrise, als es ein Sonntag-Fahrverbot gab, war der Kasinosaal bis zum letzten Platz gefüllt. Es waren die Aussagekraft und das Geheimnisvolle der aufgeführten Märchen der Gebrüder Grimm, die diesen Erfolg möglich machen. Diesem Repertoire ist der Verein treu geblieben. Bis auf wenige Ausnahmen, 1956, 1961, 2002, wurden in Siersdorf Märchen gespielt, so dass wir stolz sein konnten, mit dem tapferen Schneiderlein im  Jahre 2006 die 50. Märchenaufführung auf die Bühne gebracht zu haben. Und es wird, sofern die Besuchernachfrage es wünscht, noch einige Jahre oder Jahrzehnte andauern.

Einen großen Rückschlag musste der Verein hinnehmen, als im Zuge der Stilllegung der Grube Emil Mayrisch auch das Kasino am 10.04.1996 abgerissen wurde. Der Verein hatte eine vertraute und von den Besuchern akzeptierte Spielstätte verloren. Als neuer Spielort wurde der Pfarrsaal unter der kath. Kirche gefunden. Doch wegen der niedrigen Höhe und Beengtheit der Bühne konnten große Teile der Kulissen und Requisiten nicht mehr gebraucht werden. Das hatte wohl mit zur Folge, dass der gewohnte Zuschauerstrom abriss, die Märchen hatten scheinbar ihre Faszination verloren. Doch es sollte noch schlimmer kommen.

Der Pfarrsaal wurde einige Jahre später renoviert und umgebaut. Ein Theaterspielen im gewohnten Stil auf einer Bühne mit Kulissen war nicht mehr möglich. So zog der Verein wieder um und spielt seitdem im Saale Thoma. Es wurde eine neue Bühne angeschafft, die Kulissenteile aus Holz brauchten nun nur noch zusammengesteckt werden und waren somit auch viel leichter zu transportieren. Ganz schnell füllte man sich heimisch und setzte hier die Tradition des Theaterspielens fort.

1982, wiederum zur Spätkirmes, hatte der Verein alle Mitbürger eingeladen, zusammen das 100jährige Bestehen zu feiern. Es wurde ein Zelt gelegt, wo alle Veranstaltungen stattfanden. Neben des Festaktes und der Jubilarehrung, dem Tanzabend ist wohl die Varieteveranstaltung am Sonntagabend vielen Besuchern auch heute noch in Erinnerung geblieben. Aber der Verein hatte anlässlich seines Jubiläums sich noch etwas weiteres Neues einfallen lassen. Es wurde nach langer Zeit wieder ein abendfüllendes Theaterstück aufgeführt. Mit dem Stück Der geplatzte Strohwitwer  sollte eine Tradition beginnen, der der Verein bis heute noch treu geblieben ist. Nämlich die jährliche Aufführung eines Luststückes. Das nach wie vor bei der Siersdorfer Bevölkerung und darüber hinaus sehr beliebt ist. Stücke wie: Der Meisterboxer, Familienkrach im Doppelhaus oder 2006, Küsse für die Tanten, sind bei vielen Besuchern, aber auch bei den Spielern noch in bester Erinnerung.

Doch in dieser Zeit gab es auch einige „Tiefschläge“. Es fehlten Mitspieler, Akteure. Der Nachwuchs im Erwachsenen-Bereich. Aus diesem Grund wurde in den Jahren 2002 und 2003 je drei Einakter gespielt. Diese kamen zwar beim Publikum gut an, doch das Problem konnte nicht gelöst werden. Im Jahre 2004 fiel das Luststück sogar aus. Auch wenn das nicht an den wenigen Spielern lag, so waren diese Jahre sicherlich ein Tiefpunkt.

Nicht davon betroffen waren die Märchenspiele. Doch rechtzeitig zum 125jährigen konnte man an alte Erfolge anknüpfen. Das Jubiläum 2007 wurde mit der gesamten Bevölkerung im Festzelt auf dem inzwischen erbauten Dorfplatz gefeiert. Für den ansonsten „sehr trockenen“ Festabend ließ der Verein ein eigenes Theaterstück schreiben. „Der Festausschuss tagt.“ Heinz-Peter Müller hatte dafür unser Vereinslokal, Gaststätte Thoma, als gemalte Kulisse auf die Bühne des Festzeltes gezaubert.  In diesem Stück wurden die offiziellen Teile des Abend in unterhaltsamer Form dargebracht. Auch der Jubiläumsabend am nächsten Tag, wurde allen Unkenrufen zum Trotz ein riesiger Erfolg. Der Vorsitzende, Alfred Hilgers, hatte in seinem Urlaub in Grömitz, eine Zweimann-Band entdeckt, die fünf bis sechs Stunden das Publikum unterhalten konnte. Dabei bezogen sie ihre Zuhörer in ihr Programm ein. Er sollte recht behalten.

Die „HuNi´s“ aus Hindelang rockten das Siersdorfer Festzelt. Das Fest schloss mit einem Familiennachmittag unmittelbar am Sonntag nach dem großen Festzug.